Seit gestern prangt ein großes gelbes Post-It mit einer verheerenden Aufschrift auf unserer geliebten Kaffeemaschine.
Seit dem ist bei uns nichts mehr, wie es vorher war.
Traurig, unmotiviert und vor allem unglaublich müde hocken wir vor unseren Computern. Unsere Augen müssen wir mit Streichhölzern und Paketklebeband offenhalten, die zittrigen Finger mit purer Willenskraft zur Ruhe zwingen, was leider nicht dauerhaft gelingen will. Unsere Kreativität hat einen unvorstellbaren Tiefpunkt erreicht. Die Arbeit, ach was sage ich, das Leben macht einfach keinen Sinn mehr. Warum ins Büro schleppen, wenn dort kein köstlicher, mit perfekt fluffigem Milchschaum versehener Latte Macchiato auf einen wartet? Wie soll man 8h Höchstleistung erbringen, ohne in regelmäßigen Abständen mit einem koffeeinhaltigen Heißgetränk gepushed zu werden, das die Nervenzellen erst so richtig auf Hochtouren bringt?
Ja, wir sind süchtig. Ja, wir sind von unserer Kaffeemaschine abhängig. Diese stets allgegenwärtige Vermutung wurde nun schlagartig zur traurigen Gewissheit. Wir sind aufgeschmissen und zwar so richtig. Im Grunde genommen können wir den Laden nun auch gleich dichtmachen… aber das können wir Euch nicht antun – wer, wenn nicht wir, sollte Euch sonst mit dem von Euch so dringend benötigten Geek Stuff versorgen? Wir müssen uns zusammenreißen. Wir müssen durchhalten. Wir dürfen uns nicht gehenlassen, nicht die Mission aus den Augen verlieren…Die Entzugserscheinungen sind wahrlich immens, aber wir dürfen uns davon nicht beeinflussen lassen… wir müssen wach bleiben…
… während wir also unter dem viel gefürchteten Cold Turkey leiden, wird sich unsere Kaffeemaschine eine Weile im Kaffeemaschinenkrankenhaus aufhalten. Was danach kommt – ob Rückkehr zu uns, Reha, Kur oder vielleicht auch Hospiz und Friedhof, wir wissen es nicht. Ihr Zustand ist jedenfalls höchst bedenklich, so dass uns ein Besuchsrecht verwehrt bleibt. Wir können nur abwarten und hoffen und müssen uns in der Zwischenzeit auch mit unserer Schuld und unserem schlechten Gewissen auseinandersetzen:
Haben wir sie möglicherweise nicht immer so gut behandelt, wie sie es verdient hätte? Haben wir manchmal auf sie geflucht, ihr die regelmäßige Selbstreinigung verweigert, weil uns das zu lange dauerte, sie missbraucht und zu unwürdigen Höchstleistungen getrieben, weil während des Weihnachtsgeschäfts auf Mal 50 Cappuccions pro Tag produziert werden sollten? Ehrlich und selbstkritisch müssen wir das wohl mit “Ja” beantworten. Hoffentlich kommt diese Einsicht nicht zu spät und wir erhalten eine zweite Chance, es nach ihrer Genesung besser zu machen. Hoffentlich.
In der Zwischenzeit müssen wir uns mit bräunlicher, nahezu geschmacksneutraler Plörre ohne jegliches Crema behelfen – von Aroma ganz zu schweigen.
In einer der vielen verstaubten Küchenecken fand sich noch das uralte Retro-Modell eines Kaffeezubereiters (weit entfernt davon, so etwas Edles wie Kaffeespezialitäten herstellen zu können). Die merkwürdig und ein wenig obszön anmutenden Blubbergeräusche, die dieses Ding beim “Kaffee”-Kochen verursacht, werden uns von nun an eine Weile begleiten. Das Ergebnis ist nahezu trinkbar, jedenfalls macht es nicht sofort blind. Aber lange werden wir es mit diesem Koffeein-Methadon nicht aushalten… Drückt uns die Daumen, dass wir bald wieder in den Genuss von richtigem Kaffee mit Milchschaum kommen dürfen, denn auch Ihr profitiert davon, wenn wir wach und angeregt arbeiten können.